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Gesundheitsreform in Deutschland: Ein Überblick

Die Gesundheitsreform in Deutschland ist ein Thema, das nicht nur Experten, sondern auch Patienten und das medizinische Personal stark bewegt. Prof. Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, brachte in seiner letzten Rede eine scharfe Kritik an den aktuellen Strukturen des Gesundheitswesens an. Seine Metapher des Patienten als „Cashcow“ wirft ein Schlaglicht auf die Fehlanreize im System, bei denen die finanzielle Seite oft über die eigentlichen Bedürfnisse der Patienten gestellt wird.

Lauterbachs Kritik im Bundestag

Am 17.10.2024 betonte Lauterbach im Deutschen Bundestag anlässlich der 2./3. Lesung der Krankenhausreform: „Das ist eine historische Reform. Ohne sie würde es ein beispielloses Krankenhaussterben geben. Häuser mit guter Qualität werden zuerst ausscheiden, wenn diese nicht ausreichend bezahlt werden. Das muss abgewendet werden! Wir benötigen gute und spezialisierte Behandlungen, z. B. bei Krebs. Die Behandlungen müssen so gut sein, dass sich auch Ärzte dort behandeln lassen würden. Das schulden wir den Patienten. Das ist längst überfällig und das wird diese Reform erreichen.“

Vorhaltepauschale* als zentraler Aspekt der Reform

Ein zentraler Aspekt der Reform ist, dass künftig 60 % des Budgets über sogenannte Vorhaltepauschalen bezahlt werden. Dies soll eine bessere finanzielle Planungssicherheit für Krankenhäuser schaffen und dafür sorgen, dass evidenzbasierte Medizin wieder im Vordergrund steht. Dies betonte Lauterbach in seiner Rede mehrfach. Gleichzeitig sollen auch kleinere Häuser auf dem Land eine Existenzgrundlage behalten können. Sie werden von den Qualitätskriterien ausgenommen, sofern sie auf komplizierte Eingriffe verzichten. Lauterbach bezeichnete dies als eine „Win-win-Situation“.

Fehlanreize im Gesundheitssystem: Die Knieprothese als Beispiel

Ein Zitat, das besonders hervorsticht, lautet: „Es ist leichter, in Deutschland eine Knieprothese zu bekommen, als einen Termin bei einem Physiotherapeuten.“ Mit dieser Aussage beschreibt Lauterbach treffend die Absurdität eines Systems, das teure Operationen, wie das Einsetzen von Knieprothesen, bevorteilt, während die Versorgung durch Physiotherapeuten auf wöchentliche Wartezeiten hinausläuft. Die wirtschaftlichen Anreize in den Krankenhäusern führen dazu, dass Eingriffe, die hohe Erstattungen garantieren, prioritär behandelt werden. Der Patient wird zur Einkommensquelle, die umfassende Versorgung jedoch bleibt oft auf der Strecke.

Unterversorgung und Überversorgung: Ein unausgewogenes System

Diese Diskrepanz wird auch deutlich, wenn man die Unterversorgung bei Schlaganfallpatienten betrachtet, die oft auf dringend benötigte Nachsorge, wie spezialisierte Rehabilitationsmaßnahmen, warten müssen. Gleichzeitig gibt es eine Überversorgung bei bestimmten Eingriffen wie Knieprothesen, die aufgrund der finanziellen Anreize im System häufiger durchgeführt werden als möglicherweise notwendig. Diese beiden Beispiele zeigen exemplarisch, wie unausgewogen das derzeitige Versorgungssystem ist und wie stark wirtschaftliche Interessen die Behandlungsprioritäten beeinflussen.

Der Reformbedarf: Patientenwohl in den Mittelpunkt stellen

Diese Kritik zeigt, wie sehr das deutsche Gesundheitssystem einer Reform bedarf, die nicht nur Kosten effizient verwaltet, sondern auch das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt stellt. Während eine Knieprothese medizinisch notwendig sein kann, ist in vielen Fällen eine intensive physiotherapeutische Betreuung der Schlüssel zur Verbesserung der Lebensqualität. Doch die Realität sieht so aus, dass Physiotherapie – die den Patienten dabei helfen könnte, Operationen zu vermeiden oder sich davon schneller zu erholen – viel schwerer zugänglich ist.

Der Patient als Cashcow: Systemischer Fehler und Lösungsansätze

Lauterbachs Metapher des Patienten als Cashcow verdeutlicht einen systemischen Fehler: die wirtschaftliche Logik des aktuellen Gesundheitssystems steht oft im Konflikt mit den Bedürfnissen der Menschen. Es wäre sinnvoll, die Vergütungsstrukturen neu zu denken, sodass präventive und nicht-invasive Behandlungen besser gefördert werden – nicht nur zum Wohl der Patienten, sondern auch zur Entlastung der überforderten Gesundheitseinrichtungen.

Evidenzbasierte Medizin im Fokus

In diesem Zusammenhang betonte Lauterbach auch die Notwendigkeit, evidenzbasierte Medizin in den Vordergrund zu stellen, damit medizinische Entscheidungen auf den bestmöglichen wissenschaftlichen Grundlagen beruhen. Dies würde sicherstellen, dass sowohl operative Eingriffe als auch nicht-operative Maßnahmen gerecht bewertet und priorisiert werden. Um mehr über seine Ansichten zu erfahren, können Sie sich seine vollständige Rede in diesem Video ansehen: Prof. Karl Lauterbach zur Gesundheitsreform.

Wie sieht eine nachhaltige Gesundheitsreform aus?

Die Frage ist also, wie eine solche Reform aussehen muss, um einen nachhaltigen Wandel herbeizuführen. Während in Krankenhäusern Operationen als lukrative Einnahmequellen dienen, bleiben viele wichtige und wirksame Behandlungen wie die Physiotherapie im Hintergrund. Eine Neuausrichtung des Systems hin zu einer bedarfsorientierten Patientenversorgung ist dringend notwendig, damit die Menschen nicht länger als Instrument der Wirtschaftlichkeit betrachtet werden, sondern wieder als Patienten, die individuelle und umfassende Betreuung verdienen.

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Die Vorhaltepauschale und die Fallpauschale sind zwei unterschiedliche Finanzierungsmodelle im Gesundheitssystem:

  1. Vorhaltepauschale: Hierbei handelt es sich um eine Pauschale, die Krankenhäuser erhalten, um bestimmte Leistungen und Kapazitäten bereitzuhalten, unabhängig davon, ob sie tatsächlich genutzt werden. Das Ziel ist es, Planungssicherheit zu schaffen und die Grundversorgung zu sichern, insbesondere in ländlichen Regionen. Diese Pauschale soll auch kleinere Krankenhäuser finanziell stabilisieren.
  2. Fallpauschale (DRG-System): Dies ist eine leistungsorientierte Vergütung, bei der Krankenhäuser pro durchgeführten Behandlungsfall bezahlt werden. Das bedeutet, dass je mehr Fälle behandelt werden, desto höher ist das Einkommen des Krankenhauses. Dieses System setzt Anreize für die Durchführung möglichst vieler und auch teurer Behandlungen, was zu einer Überversorgung bei Eingriffen wie Knieprothesen führen kann.

Durch die Kombination der Vorhaltepauschale mit der Fallpauschale soll die Finanzierung gerechter und die Qualität der Versorgung verbessert werden, ohne dass die Krankenhäuser gezwungen sind, übermäßig viele Eingriffe durchzuführen, um finanziell zu überleben.

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Daniel Städtler

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